DIN-Norm ISO 24495-1 Überblick
Einfache Sprache, DIN-Norm, KI und Ethik - Wie geht das zusammen?
Die Internationale Organisation für Normung (ISO) hat den ersten Standard für Einfache Sprache veröffentlicht: die Norm DIN ISO 24495-1. Einfache Sprache entspricht ungefähr dem Niveau der Alltagssprache, orientiert am Sprachniveau B1. Das ist ein großer Meilenstein für den Stellenwert von Einfacher Sprache in der breiten Gesellschaft. DIN-Normen stellen schon lange etablierte Standards in anderen Industrien dar, die es gilt, einzuhalten. Einerseits um den competitive advantage zu behalten und andererseits um relevant am Markt zu bleiben. Einfache Sprache wandelt sich von einem Vielleicht zu einem Muss.
Inhalt
Warum ist Einfache Sprache relevant?
Einfache Sprache (als Teil der Leicht verständlichen Sprache, gemeinsam mit Leichter Sprache) gibt es schon lange, jedoch fand diese Methodik lange kaum Beachtung außerhalb des Sozialbereichs. Die Problematik, einen Text und/oder dessen Kernaussage nicht zu verstehen und voll zu erfassen, ist allerdings bei weitem kein Randproblem. Es betrifft Personen mit oder ohne Einschränkungen, Immigrant*innen, Personen mit einer anderen Erstsprache: die Kombinationen sind vielfältig. Oftmals reicht schon ein unbekanntes Thema oder geringe Konzentration aus, um einen komplizierten Text nicht mehr sinnerfassend zu verstehen. Immer mehr und mehr Inhalte und Informationen prasseln auf uns ein, natürlich können wir nicht alles mit derselben Konzentration wahrnehmen.
52% der Erwachsenen erreichen bei der Lesekompetenzen-Studie der OECD Level 3 auf einer 5-teiligen Kompetenzskala nicht. Das bedeutet, sie lesen unter der Kompetenzstufe 3. Die PIAAC Studie der OECD (2019) erhebt die Lesekompetenz in 5 Stufen. Die höchste Lesekompetenzstufe ist 5. (OECD, 2019) Allerdings sollte das Umdenken verstärkt bei den Verfasser*Innen der Inhalte stattfinden. Autor*innen, Verlage, Journalist*innen, interne Firmenkommunikation und all jene, die Kommunikation betreiben, sind Gate-Keeper von Informationen. Sie entscheiden, wer verstehen kann und wer nicht.
Wer einen Text liest, hat dabei bestimmte Ziele und Erwartungen:
- Anweisungen verstehen, um eine Aufgabe zu erledigen, zum Beispiel bei einer Arbeitsanweisung
- entscheiden, etwas zu tun oder zu unterlassen, zum Beispiel eine Versicherung abzuschließen oder eine Ausstellung zu besuchen
- ein Thema verstehen oder mehr darüber erfahren, zum Beispiel das Thema Klimawandel
- herausfinden, was in einer bestimmten Situation zu tun ist, zum Beispiel beim Ummelden nach einem Wohnungswechsel
- sich erforderliches Wissen für einen bestimmten Zweck aneignen, zum Beispiel für die Führerscheinprüfung.
5 Facts über die Einfache Sprache Norm, die man wissen sollte
- Unabhängig: Sie ist der erste unabhängige Bewertungsstandard und Referenzrahmen für Einfache Sprache auf Deutsch.
- Fokus auf die Zielgruppe: Verfasser*innen von Informationen sollten sie das Verständnis ihrer Zielgruppe an die oberste Stelle reihen. Einfache Sprache ist dann gut, wenn sie die Anforderungen der Zielgruppe erfüllt und möglichst viele Menschen verstehen können.
- Internationale Grundsätze und Leitlinien für die Erstellung von Dokumenten in Einfacher Sprache, wie Einführung in zielgruppenspezifisches Schreiben, Formatierung von Dokumenten und Layout, sowie Richtlinien zu Grammatik, Vokabular und Satzstruktur.
- Flexibilität: Die Norm betont, dass Einfache Sprache flexibel und kontext-abhängig ist. Ein one-fits-all-approach in Sprache ist leider nicht möglich.
- Soziale Verantwortung: Außerdem wird damit ein großer Beitrag zum Social Development Goal 10 (soziale Ungleichheiten verringern) geleistet. Sprache ist eine schlagkräftige Maßnahme für mehr Gleichstellung in der Gesellschaft.
Was sagt die Norm nun wirklich aus?
Einfache Sprache orientiert sich am Sprachniveau B1 und unterscheidet sich häufig nur gering von den Originaltexten. Hierbei sind die Sätze kürzer und der Satzbau einfacher als in der deutschen (Behörden-) Standardsprache. Die Einfache Sprache vermeidet nach Möglichkeit Fremdwörter, Fachbegriffe und Metaphern.
Ziel der leicht verständlichen Sprache ist es, möglichst viele Menschen zu informieren und zu erreichen. Dazu gehören auch Menschen mit geringer Lesekompetenz.
Mit der Norm entsteht erstmals ein unabhängiger Referenz-Rahmen und Bewertungs-Standard auf internationaler Ebene. Sie enthält Grundsätze und Leitlinien für die Erstellung von Dokumenten in Einfacher Sprache auf Deutsch. Das schafft Orientierung sowie Einheitlichkeit. Die Norm strebt nach Verständlichkeit für alle mit einem Fokus auf Zielgruppenorientierung bei der Verfassung von Informationen.
Die Norm führt die Lesenden durch mehrere Kapitel, welche alle Aspekte von Einfacher Sprache einschließen. Das bedeutet eine Einführung in zielgruppenspezifisches Schreiben, Formatierung von Dokumenten und Layout, sowie Richtlinien zu Grammatik, Vokabular und Satzstruktur.
Einfache Sprache ist flexibel, kontext-abhängig und ein one-fits-all-approach ist leider nicht möglich. Das hebt die Norm besonders hervor.
Einfache Sprache kann:
- je nach Zielgruppe variieren.
- Fachsprache auf ein allgemein verständliches Sprachniveau bringen
- Texte für ein allgemeines Lesepublikum verständlich machen
Ausblick: Die Rolle von Einfacher Sprache in Inklusion
Sprache schafft Gesellschaft. Sprache ist eine schlagkräftige Maßnahme für mehr Gleichstellung in der Gesellschaft. Zukünftig ist es entscheidend, mehr Personen in Einfacher Sprache zu schulen, und das Bewusstsein sowie die Bedeutung davon gesellschaftlich zu normalisieren. Verständliche Texte erreichen einen Großteil der Menschen. Es geht nicht nur darum, Texte zu vereinfachen. Es geht darum, einen Text so zu formulieren, dass ihn möglichst viele Menschen verstehen können.
Der unabhängige ISO-Standard der Norm für Einfache Sprache ist hierbei ein essentieller Faktor, da er in dieselbe Richtung weist für alle.
Verena Riegler
Data Scientist bei capito.
capito ist der Marktführer im Bereich der barrierefreien Information.
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